Vortrag ISUV 17. Juni 2010

Zunächst darf ich Sie im Namen von ISUV und in meinem Namen ganz herzlich zu der 3. Vortragsveranstaltung in dem ersten Halbjahr des Jahres 2010 ganz herzlich begrüßen.


Unser Thema heute:
Trennung und Scheidung,
wovon soll ich eigentlich leben, was bedeutet ein Mangelfall?


Derzeit regiert der Fußball nicht nur die 32 Nationen, die an der WM 2010 teilnehmen, sondern möglicherweise auch Ihr Eheleben.

Fußball WM 2010 Hausordnung gültig vom 11. Juni bis 11. Juli

§1 Der Fußballbegeisterte Mann ist absoluter Herrscher über den Flatscreen, Beamter oder Laptop mit Live-Streaming und der dazugehörigen Komponenten wie Fernbedienung, Maus und Soundsystem.
§2 Die Ehefrau erledig in der Zeit leise und ohne Zwischenrufe und andere Störaktionen die häuslichen Arbeiten.
§3 Vor jedem WM Spiel ist dem Mann eine Kiste mit kühlem Bier sowie Chips und Popcorn neben Fernsehsessel vorzubereiten. Wobei die Betonung auf kühl (max. 10° C) liegt.
§4 Während einer WM Übertragung ist der Frau die Anwesenheit im TV Raum strengstens untersagt.
§5 In der Pause vor der 2. Halbzeit besteht für die Frau ein 15 minütiges Begehungsrecht, um den Aschenbecher zu leeren und leere Bierflaschen durch frisch gekühlte volle Behältnisse auszutauschen. Bei Bedarf sollen auch die Teller mit Knabbereien aufgefüllt werden. Das alles muss still und ohne Fragen (z.B.„Schatz wie lange dauert’s noch ?“) von statten gehen.
§6 30 Minuten vor Beginn einer Partie ist dem Hausherrn ein mit Liebe zubereitetes Essen zu reichen. Um die geistige Spielvorbereitung des Gatten nicht zu stören, ist auch hier die „Schnatterluke” zu schließen.
§7 Während der WM sind jegliche sexuellen Handlungen, die der Vermehrung dienen könnten, zu unterlassen. Ebenso zu unterlassen ist das Tragen von Kleidung, die beim Mann das Verlangen nach solchen Handlungen auslösen könnte.
§8 Wenn der Mann in seinem Großmut der Frau gestattet, einmal einen Blick auf das Spiel zu werfen, sind Zwischenrufe sowie blöde Fragen, die den fußballtechnischen Intellekt der Frau verraten würden (z.B.„Was ist Abseits?“ „Die WM ist ein Witz!“) zu unterlassen.

Wenn Sie diese Verhaltensregeln einhalten, ist dann die Ehe zu retten, das ist die Frage.
Jetzt zum Ernst der Lage. Wenn dann nach der WM die Ehe doch zu scheitern droht, was ist zu tun? Heute wollen wir uns ganz auf die oft fatalen wirtschaftlichen Auswirkungen einer Trennung und dann möglicher weise folgenden Scheidung konzentrieren.

Gleich zu Beginn der meiner Meinung nach wichtigste Tipp bei einer drohenden Trennung. Ziehen sie nicht Hals über Kopf aus der ehelichen Wohnung aus und fangen dann an zu überlegen, von was sie jetzt leben sollen. Versuchen Sie zunächst mit dem Ehepartner ein Trennungsgespräch zu führen, das wirkt oft Wunder. Das Trennungsgespräch sollte unbedingt in möglichst ruhiger und entspannter Atmosphäre stattfinden. Die Kinder sollten unter keinen Umständen dabei sein, auch wenn die Kinder nach Ihrer Ansicht nach bereits erwachsen sind und „die Sache verkraften könnten“. Bringen Sie die Kinder an dem Abend, an dem Sie mit Ihrem Partner das Trennungsgespräch führen wollen, bei Freunden unter.

Sie sollten sich zuvor eine Liste fertigen, mit einigen Stichpunkten bezüglich der zu klärenden Fragen für die Trennung. Des weiteren sollten Sie sich vorab einen Überblick über Ihre Einkommens- und Vermögenslage verschaffen. Suchen Sie in Ruhe alle Darlehensverträge z.B. betreffend das Haus, die Finanzierung vom Auto usw. heraus. Schreiben Sie sich die monatlichen Belastungen genau auf. Wichtig sind auch die letzten 12 Gehaltsabrechnungen, falls Sei Angestellter sind. Für die Berechnung des Kindes- und Ehegattenunterhaltes ist das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der letzten 12 Monate maßgebend. Sollten Sie hohe monatliche Fahrtkosten zur Arbeitsstelle haben, sind auch diese gleich mit zu notieren.

Sie haben jetzt also einen ersten Überblick verschafft, welche finanziellen Beträge Ihnen bzw. der Familie monatlich zur Verfügung stehen. Sind Sie die Frau und Mutter sollten Sie vor einem Trennungsgespräch eine Aufstellung mit den gesamten monatlichen Ausgaben der Familie fertigen, die Sie dem Partner dann auch vorlegen könnten. Nach meiner langjährigen Erfahrung ist es meistens so, dass die Männer of gar nicht wissen, wie viel eine Familie, selbst wenn sie gut wirtschaftet, monatlich ausgibt. Übersehen werden oft die Ausgaben der Kinder für Klassenfahrten, Kindergeburtstage, Handy, Sportvereine und Kleidung.

Wenn Sie im Rahmen des Trennungsgespräches dem Partner dann mit ruhigem Ton die Liste mit den Aus gaben auf den Tisch legen und diese erläutern, ist ein erstes großes Streitpotential schon erledigt. Ihr Ehemann sieht dann genau, was Sei und die Kinder eigentlich monatlich brauchen, um über die Runden zu kommen. Er hat dann, wenn Sie die Geldbeträge nennen, nicht gleich das Gefühl, Sie wollen ihn über den Tisch ziehen. Sie sollten sagen, was Sie brauchen, allerdings nur das, was Sie unbedingt brauchen und er sollte sagen, was er maximal zahlen kann.

An Sparen ist während der Trennungszeit ohnehin nicht zu denken, da nach der räumlichen Trennung plötzlich zwei Haushalte, d.h. doppelte Mietkosten, doppelte Telefonkosten usw. zu finanzieren sind. Überlegen Sie mit dem Partner, ob einer von beiden vielleicht noch einen Nebenjob aufnehmen muss, um die notwendigsten doppelten Kosten stemmen zu können. Der andere sollte sich im Gegenzug verpflichten, während Ihrer beruflichen Nebentätigkeit auf die Kinder aufzupassen.

Klären Sie bei dem Trennungsgespräch auch, wer in der Wohnung oder in dem Haus wohnen bleibt. Überlegen Sie gemeinsam, ob es die Möglichkeit gibt, dass einer der Parteien zunächst kostengünstig wohnen kann. Vielleicht haben die Eltern der Ehegatten Räumlichkeiten zur Verfügung, in die einer der Parteien einziehen kann.

Vereinbaren Sie, wann der Auszug erfolgen soll und vor allem vereinbaren Sie, wenn es irgend wie geht, dass Sie gemeinsam den Kindern sagen, dass die Eltern sich nicht mehr so gut verstehen und sich trennen wollen.

Sehr sinnvoll ist es auch, eine dritte Person zu dem bzw. den Trennungsgesprächen dazu zu nehmen. Es sollte ein Bekannter oder Freund sein, der zu beiden Ehepartnern ein gutes Verhältnis hat. Vielleicht sogar jemand,
der das alles schon einmal gut hinter sich gebracht hat. Um die Wut und die Enttäuschung nicht in sich hineinzufressen, kann es sinnvoll sein mit professioneller Hilfe weitere klärende Gespräche zu führen. Ich meine zunächst nicht nur juristische Gespräche, sondern Gespräche, die helfen, die psychischen Folgen der Trennung zu verarbeiten.

Ich meine hier die so genannte Mediation. Mediation ist eine Methode der Konfliktlösung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Konfliktparteien miteinander verhandeln bis sie eine Lösung gefunden haben, die die Interessen
aller Beteiligten gerecht wird. Der Mediator ist Ihnen dabei als neutraler Vermittler behilflich. Listen mit entsprechenden Mediatoren erhalten Sie z.B. über die Rechtsanwaltskammer in Frankfurt am Main. Der Mediator ist gerade kein Richter oder Schiedsrichter. Er hat keine Entscheidungsbefugnis. Die Lösung sollen Sie mit dem Partner selbst erarbeiten. Eben mit Hilfe eines neutralen Dritten.

Wenn die Gespräche nicht gefruchtet haben und Sie eigentlich nicht wissen, von was Sie zukünftig leben sollen, sind jetzt rechtliche Schritte zu gehen bzw. zu überlegen. Sind Sie der oder diejenige, bei der die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder zukünftig leben werden und ist bereits bekannt, dass der andere Elternteil gar keinen oder nur in eingeschränktem Umfang Kindesunterhalt bezahlen kann.

Eine Möglichkeit besteht darin, so genanntes Unterhaltsvorschussgeld für die Kinder in Anspruch zu nehmen. Unterhaltsvorschussleistungen stehen unter bestimmten Voraussetzungen alleinerziehenden Elternteilen für Kinder bis zum 12. Lebensjahr für maximal 72 Monate (6 Jahre) zu, wenn der andere Elternteil keine Unterhaltszahlungen leistet oder diese unter dem festgesetzten Regelbedarf liegen. Wichtig ist, das Unterhaltsvorschussleistungen des Staates von dem Eigeneinkommen des betreuenden Elternteiles, also dem Elternteil, bei dem die Kinder leben, unabhängig sind.

Unterhaltsvorschuss erhält ein Kind, wenn es in Deutschland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und hier bei Ihnen als alleinerziehenden Elternteil lebt und von dem anderen Elternteil nicht oder nur teilweise oder nicht regelmäßig Unterhalt in Höhe des maßgeblichen Regelbetrages nach der Regelbetragsverordnung erhält und das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Unterhaltsvorschuss ist auch möglich, wenn Sie mit dem Vater des Kindes zusammen das gemeinsame Sorgerecht ausüben. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, um Unterhaltsvorschuss zu bekommen, dass Sie als Alleinerziehender mit Ihrem Kind in einem Haushalt leben.

Alleinerziehend sind Sie nicht, wenn Sie nicht dauernd getrennt leben oder wenn Sie unverheiratet mit dem anderen Elternteil zusammenleben. Ausländer haben auch einen Anspruch auf Unterhaltsvorschussgeld, wenn eine Niederlassungserlaubnis vorliegt oder eine Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt.

Ein Antrag auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ist schriftlich bei der Unterhaltsvorschusskasse zu stellen. Zuständig sind die Jugendämter. Die Leistungsgewährung entfällt wieder wenn das Kind das 12. Lebensjahr vollendet, der Alleinerziehende wieder heiratet oder wieder mit dem Vater des Kindes zusammen zieht. Auch dann wenn, Unterhaltsleistungen des Unterhaltsverpflichteten bezogen werden, die mindestens die Leistungshöhe des Unterhaltsvorschussgeldes betragen.

Das Unterhaltsvorschussgeld ist ab 1.1.2010 erhöht worden
Kinder bis 5 Jahre erhalten 133 Euro (bisher 117) plus Kindergeld von derzeit 184 Euro
Ab dem 6 – 12 Lebensjahr 180 Euro (bisher 158 Euro)

Da Sie das Geld für das Kind längstens für 6 Jahre erhalten, sollten Sie sorgfältig überlegen, für welchen Zeitraum sie es beantragen. Ab dem 6. Lebensjahr gibt es deutlich mehr. Wenn das Unterhaltsvorschussgeld nicht reicht, kann ergänzend Hilfe zum Lebensunterhalt bei den für Sie zuständigen Sozialämtern beantragt werden. Anspruch auf Hartz IV Zuschüsse haben Erwachsene und Kinder. Bei den Kindern wird das Unterhaltsvorschussgeld dann auf die Sozialhilfezuschüsse angerechnet. Anspruch auf Hartz IV bzw. Arbeitslosengeld II Leistungen haben Sie in der Regel, wenn Sie über kein Einkommen verfügen und keine Unterhaltsleistungen bzw. Unterhaltsleistungen erhalten, die unter den Sozialhilfesätzen liegen. Der Regelsatz deckt den laufenden und einmaligen Bedarf für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie (ohne Heizung) und für die Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch für Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben.

Der Regelbetrag für Volljährige und Alleinerziehende beträgt seit dem 1. Juli 2009:
359 Euro und für Kinder bis 5. Jahre 215 Euro,
für Kinder von 6 – 13 Jahre 251 Euro
und ab dem 14. Lebensjahr 287 Euro.

Die Mietkosten sind in den Regelbeträgen nicht enthalten. Können also noch zusätzlich gewährt werden. Wichtig ist, dass der Antrag so schnell wie möglich gestellt wird. Leistungen der Sozialämter werden erst ab Antragstellung gewährt. Wichtig ist des weiteren, dass ab dem Zeitpunkt, an dem Sie getrennt leben, beantragen, dass das Kindergeld für die Kinder an Sie gezahlt wird.

Kindergeldleistungen stehen nur demjenigen Elternteil zu, bei dem die Kinder leben. Sollte der andere Elternteil, während die Familie zusammen gelebt hat, das Kindergeld bezogen haben, ist sofort ab Trennung eine Umschreibung des Kindergeldbezuges zu beantragen.

Dies waren zunächst die Ausführungen zu staatlichen Leistungen.

Nun zur der Frage, wie kommen Sie an Unterhaltszahlungen des anderen Ehegatten.
Es ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, zu dem Sie einen Fachanwalt für Familienrecht aufsuchen sollten. Der Anwalt bzw. die Anwältin wird Ihnen den Kindes- und Ehegattenunterhalt, der Ihnen zusteht ausrechnen bzw. Ihnen sagen, wie viel Sie zu zahlen haben. Verlassen Sie sich nicht auf Ausführungen im Internet, da das Familienrecht zum einen in den einzelnen Bundesländern von den Gerichten sehr unterschiedlich behandelt wird und jeder Fall im Familienrecht ein Einzelfall ist. Dies unter anderem deshalb, da die Konstellationen, die Bedürfnisse
und die Vitas der einzelnen Familienmitglieder sehr unterschiedlich sind.

Bringen Sie nach Möglichkeit zu dem ersten Beratungsgespräch bereits Ihren letzten 12 Gehaltsabrechnungen und die des Ehepartners mit, wenn Sie beide Angestellte sind. Wenn Sie selbständig sind die Einkommens– und Steuerunterlagen der letzten drei Jahre. Auch die Darlehensverträge sollten Sie sichten und mitbringen, damit der Anwalt bei den Unterhaltsberechnungen auch Ihre Schulden berücksichtigen kann.

Die Frage ist jetzt, wie kommen Sie an den Ihnen und den Kindern zustehenden errechneten Unterhalt? Der unterhaltsverpflichtete Ehepartner sollte aufgefordert werden, binnen einer Frist von 14 Tagen den von Ihrem Anwalt errechneten Unterhalt anzuerkennen und diesen titulieren zu lassen. Titulieren bedeutet, ein vollstreckbare Urkunde zu errichten. Diese vollstreckbare Urkunde ist Ihnen zuzuleiten. Der Kindesunterhalt kann bei jedem Jugendamt in Deutschland kostenlos tituliert werden. Das können Sie aber nicht selbst veranlassen, sondern
nur derjenige, der Zahlungspflichtig ist. Dies geht aber nur auf freiwilliger Basis. Gezwungen werden kann keiner zur Errichtung einer so genannten Jugendamtsurkunde. Sie sollten aber gegenüber dem Zahlungspflichtigen betonen, dass die Titulierung des Kindesunterhaltes eben beim Jugendamt kostenlos ist und somit ein teures Gerichtsverfahren vermieden werden kann.

Eine weitere Möglichkeit, den Kindesunterhalt möglichst schnell festsetzen zu lassen besteht darin, das „Vereinfachte Verfahren“ in Anspruch zu nehmen. Davon wird in Hessen relativ selten Gebrauch gemacht. Sie benötigen für die Durchsetzung des Kindesunterhaltes im Wege des Vereinfachten Verfahrens keinen Anwalt. Voraussetzung für die Festsetzung ist, dass bislang noch kein Kindesunterhalt eingeklagt wurde. Dazu ist ein Formblatt auszufüllen und bei Gericht einzureichen. Das Formblatt muss eine Reihe von Pflichtangaben enthalten. Im Vereinfachten Verfahren kann nach der Rechtslage ab 1.1.2008 Unterhalt festgesetzt werden, der das 1,2 fache des Mindestunterhalts nach § 1612 a Abs. 1 BGB nicht überschreiten kann.

Wichtig ist noch, dass der Unterhaltsanspruch beim Ausfüllen des Formblattes nicht begründet werden muss. Das Formblatt wird dann dem Unterhaltsverpflichteten zugestellt. Innerhalb eines Monats hat dieser die Möglichkeit darzulegen, warum er nicht oder nicht so viel Unterhalt schuldet. Zugleich muss er Auskunft über sein Einkommen, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnis erteilen. Auf diesem Wege kann relativ schnell „ein Titel“ erreicht werden, aus dem Sie dann die Vollstreckung betreiben können.

Sollten Sie weder durch eine außergerichtliche Einigung, noch durch eine Jugendamtsurkunde oder durch das vereinfachte Verfahren zu einem vollsteckbaren Titel kommen, gibt es keinen anderen Weg als bei dem für Sie zuständigen Familiengericht den Kindes- und Ehegattenunterhalt im Wege eines Verfahrens durchzusetzen.

Es ergeht dann am Ende des Verfahrens ein Beschluss oder die Parteien einigen sich mit Hilfe des Gerichtes. Da die Einigung dann aber vor Gericht getroffen worden ist, ist auch diese Einigung vollstreckbar. Das bedeutet, im Falle der Nichtzahlung durch den Unterhaltsschuldner kann aus dem Gerichtsbeschluss oder der vor Gericht getroffenen Einigung die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Das Betreiben der Zwangsvollstreckung ist oft notwendig, da das „In den Händen halten des Papieres“ nicht unbedingt mit des Erhaltes des Geldes einhergeht.

Wenn der Unterhaltsschuldner nicht bezahlt, kann z.B. in das Arbeitseinkommen, in das Gehalt, in Rentenzahlungen oder z.B. in den Pkw, vorausgesetzt er ist nicht geleast, vollstreckt werden. Die Vollstreckung in den Pkw kommt äußerst selten vor. Da die Gerichtsvollzieher in der Regel vor der in Beschlagnahme des Pkws einen hohen Vorschuss von gerundet 1500 Euro, von demjenigen haben wollen, der die Vollstreckung betreibt. Schwierig wird zukünftig die Vollstreckung in ein Bankkonto. Bislang haben die Banken dem Vollstreckungsgläubiger, wenn ein Guthaben vorhanden war, das gesamte Guthaben des Vollstreckungsschuldners überwiesen. Dies geschah nur dann nicht, wenn der Vollstreckungsschuldner vor der Vollstreckung bei Gericht einen Vollstreckungsschutzantrag gestellt hat. Viele Unterhaltschuldner wissen aber gar nicht, dass man bei Gericht einen derartigen Antrag stellen kann.

Ab 1.7.2010 wird dies anders.
Vielleicht haben Sie aus der Presse schon von der Einführung des so genannten P-Kontos erfahren. In Anbetracht der herausragenden Bedeutung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs für die Teilnahme am wirtschaftlichen Leben hat der Gesetzgeber eine Reform de Kontopfändungsschutzes beschlossen. Kernpunkt des neuen Rechts zur Kontopfändung bildet die Einführung eines so genannten Pfändungsschutzkontos (P-Konto), welches ab dem 1.7.2010 zum Tragen kommt. Dieses so genannte P-Konto müssen Sie allerdings bei Ihrer Bank beantragen. Sie erhalten nicht automatisch ein P-Konto. Die Reform wird es jedem Bankkunden ermöglichen, sein Girokonto künftig umzustellen und auf der Basis eines P-Kontos weiterzuführen. Auf diesem P-Konto werden Zahlungseingänge in Höhe des allgemeinen Pfändungsfreibetrages in Höhe von 985,15 Euro pfändungsfrei gestellt und damit dem Vollstreckungszugriff von Gläubigern entzogen sein.

Wir haben jetzt besprochen, wie sie im Rahmen der Trennung und Scheidung schnellstmöglich an Geld kommen, sei es durch staatliche Leistungen, sei es durch Unterhaltsleistungen. Was ist aber, wenn der jenige, der Kindes- und Ehegattenunterhalt bezahlen soll, gar nicht genug finanzielle Mittel zur Verfügung hat, um den gesamten Unterhaltsbedarf aller Familienangehörigen zu decken. Sie erinnern sich, dass ich zu Beginn gesagt habe, oft kommt es deswegen im Falle der Trennung zu einer finanziellen Schieflage, da plötzlich zwei Haushalte finanziert werden müssen. Alleine doppelte Mietkosten verursachen erhebliche zusätzlich Aufwendungen, die vor der Trennung nicht da waren. Außerdem hat der Unterhaltsschuldner vielmals nach der Trennung oder Scheidung sehr schnell weitere Unterhaltsverpflichtungen gegenüber nichtehelichen Kinder, neuen Lebenspartner oder weiteren ehelichen Kinder und neuer Ehefrau.

Recht häufig kommt es vor, dass das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten trotz aller Bemühungen nicht ausreicht, um unter Wahrung des so genannten Selbstbehaltes alle Unterhaltsansprüche der Berechtigten zu erfüllen. Man spricht dann von einem so genannten Mangelfall. Zunächst zu dem juristisch entwickelten Begriff des Selbstbehaltes.

Die Höhe der entwickelten Selbstbehaltsätze richten sich nach den Unterhaltsgrundsätzen der Oberlandesgerichte, die für Sie zuständig sind. In unserem Fall nach den Unterhaltsgrundsätzen des OLG Frankfurt am Main, Stand 1.1.2010. Der notwendige Selbstbehalt ist der Betrag, der dem Unterhaltsschuldner nach Abzug sämtlicher Unterhaltsschulden zum Leben verbleiben muss.

Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGH gleichgestellten Kindern gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste Grenze der Inanspruchnahme. Er beträgt 900 Euro. Davon entfallen 520 Euro auf den allgemeinen Lebensbedarf und 380 Euro auf den Wohnbedarf (290 Kaltmiete, 90 Euro Nebenkosten und Heizung). Für nicht Erwerbstätige beträgt er 770 Euro.

Der so genannte angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern beträgt 1100 Euro. Davon entfallen 620 Euro auf den allgemeinen Lebensbedarf und 480 Euro auf den Wohnbedarf (370 Euro Kaltmiete, 110 Nebenkosten und Heizung). Gegenüber den eigenen Eltern, die zum Beispiel im Heim leben, beträgt er 1400 Euro. Der so genannte eheangemessene Selbstbehalt gegenüber getrennt lebenden und geschiedenen Unterhaltsberechtigten sowie der Selbstbehalt gegenüber nichtehelichen Müttern beträgt 1000 Euro. Für den mit dem Unterhaltspflichtigen zusammen lebenden neuen Ehegatten wird ein Bedarfsbetrag in Höhe von 800 Euro in Ansatz gebracht bzw. abgezogen.

Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht. Zur Berechnung der Unterhaltsansprüche
im Mangelfall ist zu sagen, dass die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnisse ihre Unterhaltsansprüche zu verteilen ist.

Diese relativ komplizierten Berechnungsmethoden der so genannten Mangelfälle spielen für Sie als denjenigen, bei dem die Kinder leben und der Kindes – und gegebenenfalls auch Ehegattenunterhalt erhält, keine große Rolle.

Fazit ist für Sie, dass, wenn der Unterhaltsverpflichtete nach Abzug aller Verbindlichkeiten, das heißt Schulden, nicht mehr als 900 Euro zur Verfügung hat gar kein Unterhalt geschuldet wird und sonst nur das geschuldet wird, was darüber hinaus geht.

Die so genannte „Mangelfallberechnung“
M und F sind geschieden. Beide haben eine 2 jährige Tochter. Daneben hat der M noch aus einer anderen Beziehung eine nichteheliche Tochter, die 8 Jahre alt ist.

Der M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1350 Euro. Er ist damit in die erste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (nach der in Westdeutschland der Kindesunterhalt berechnet wird) einzustufen.

Die F hat kein eigenes Einkommen, da sie sich um die 2 jährige Tochter kümmern muss.
Die 2 jährige Tochter hätte einen Unterhaltsanspruch von 199 Euro (281 Euro minus hälftiges Kindergeld in Höhe von 82 Euro) und die 8 Jährige Tochter einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 240 Euro.

Für die Kindesmutter ergibt sich nach Abzug der Kindesunterhaltszahlbeträge in Höhe von 199 Euro und 240 Euro, ein Unterhaltsanspruch in Höhe von so genannten 3/7, somit in Gesamthöhe von 320 Euro.

Insgesamt müsste der M damit 829 Euro Kindes- und Ehegattenunterhalt bezahlen.

M selbst würden dann nur noch 521 Euro zum Leben verbleiben.

Er hat 1350 Euro Einkommen –829 Euro Unterhalt.

Die Rechtsprechung ihm muss gegenüber der Kinder ein Selbstbehalt von 900 Euro und gegenüber der geschiedenen Ehefrau ein Selbstbehalt in Höhe von 1000 Euro verbleiben.

Bei diesem Mangelfällen bringt die neue Unterhaltsreform, die seit dem 1.1.2008 besteht, wie wichtigsten Veränderungen.

Der vordere Grundsatz heißt: Zuerst die Kinder.

Das Gesetz stellt erstmals eine feste Rangfolge auf, nach der die Unterhaltsansprüche zu bedienen sind. Dabei gelten folgende Rangklassen

1. minderjährige Kinder unverheiratete Kinder bis zum 21. Lebensjahr, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteiles leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung (typischer Fall: Besuch eines Gymnasiums) befinden. Ob das Kind ehelich oder nichtehelich geboren ist, spielt keine Rolle.
2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind (ohne dass es darauf ankäme, ob die Eltern je verheiratet waren) und Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer (mehr als 10 Jahre)
3. Ehegatten, die nicht unter die 2. Rangfolge fallen
4. Kinder, die nicht unter die Rangfolge 1 fallen (z.B. Studenten)
5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge
6. Eltern
7. weitere Verwandte in aufsteigender Linie

Das Einkommen des Verpflichteten ist zunächst zur vollen Deckung des Unterhalts der Berechtigten in der niedrigsten Rangklasse zu verwenden. Bleibt dann noch ein über dem Selbstbehalt liegendes Einkommen übrig, so sind die Ansprüche der Berechtigten aus der nächsten Rangklasse (ggf. anteilig) zu befriedigen.

Im vorliegenden Beispiel sind zunächst die Ansprüche der in Rangklasse 1 befindlichen Kinder , also sie 2 jährige eheliche Tochter und die 8 jährige nichteheliche Tochter zu befriedigen. Es spielt keine Rolle, dass die 8 jährige Tochter nicht aus der Ehe des M und der F hervorgegangen ist.

M hat also einmal 199 Euro und einmal 240 Euro Kindesunterhalt zu bezahlen. Damit verbleiben ihm noch 911 Euro (1350 Euro Einkommen –199 –240) Er liegt damit 11 Euro über dem Selbstbehalt von 900 Euro. Die F geht hier leer aus, denn gegenüber der F gilt der Selbstbehalt von 1000 Euro. Die F, die kein eigenes Einkommen hat, wird sich mit ihren Ansprüchen an das Sozialamt wenden müssen.

Jetzt noch ein letztes Beispiel:
M und F werden nach 9 Jahren Ehe geschieden. Aus der Ehe geht eine 8 Jahre alte Tochter, hervor. Aus einer kurzen Affäre des M mit der L geht eine 6 Monate alte Tochter hervor. Die L, also die nichteheliche Mutter kümmert sich um die 6 Monate alte Tochter und arbeitet nicht. Der M verdient 1900 Euro netto und hat keine Schulden.

Wenn M den Kindesunterhalt von 199 und 240 Euro für die beiden Kinder bezahlt, bleiben ihm noch 1461 Euro. Die L, die nichteheliche Mutter hat mindestens bis zum 3. Lebensjahr des Kindes einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem M, da von ihr wegen der Betreuung des Kleinkindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Auf den Umstand, dass sie nicht mit M verheiratet war, kommt es nicht an. Sie ist in die Rangklasse 2 einzuordnen. Ihr Bedarf beträgt 770 Euro.

Ob auch die geschiedene Ehefrau, die eine 8 Jährige zu betreuen hat, in die Rangklasse 2 einzustufen ist, ist fraglich. Eine Vielzahl von Gerichten sind der Auffassung, dass von der geschiedenen F, aufgrund des Alters des zu betreuenden Kindes von 8 Jahren, eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Dies ist eine Entscheidung des Einzelfalles, die die Belange des Kindes und insbesondere auch die Erwerbsmöglichkeiten, den Gesundheitszustand und das Alter der geschiedenen Ehefrau zu berücksichtigen hat. Auf eine lange Ehedauer
(die erst ab 10 Jahren gilt) kann die F sich jedenfalls nicht berufen, da die Ehe nur 9 Jahr gewährt hat.

Verneint man einen Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau wegen Kinderbetreuung, so ist sie in die Rangklasse 3 einzustufen und geht der nichtehelichen Mutter nach. Die nichteheliche Mutter erhält für diesen Fall dann die den Selbstbehalt des M überschießenden Betrag in Höhe von 461 Euro. Die geschiedene Ehefrau geht leer aus.

Wenn man die nichteheliche und die geschiedene Mutter beide in die Rangklasse 2 einstuft, hätten sich die F und die L den verbleibenden Betrag von 461 Euro hälftig teilen müssen.

Ich komme jetzt um Schluss. Ich hoffe, die juristische Taktiken, die ich dargestellt habe, Ihnen nicht die Freude an den schönen Fußballspielen in den nächsten Wochen genommen haben.

Wenden Sie sich auch nach dem Vortrag vertrauensvoll an mich.
Der Slogan meiner Kanzlei lautet:
Ich führe Sie sicher aus dem Labyrinth!
Vielen Dank für Ihr Zuhören.
Weddig
Fachanwältin für Familienrecht

 

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